Bericht GC32 Weltmeisterschaft 2022

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GC32 World Championship, 13. – 17. Juli, Lagos, Portugal

Vom kühleren Norden wieder zurück in den heissen Süden gereist, standen zunächst mal ein paar Tage Ruhe vor dem grossen Event der GC32 Klasse auf dem Programm.

Auf der Reise und während dem RC44 Event in Marstrand hatten wir uns die Zeit genommen, um die enttäuschende GC32 Regatta in Lagos zu analysieren, zu diskutieren und zu verarbeiten. Gemeinsam eruierten wir die Ursache für das ernüchternde Abschneiden und konnten daraufhin mit einer positiven Einstellung an die WM zurück in die Algarve reisen.

Nach ersten Trainingsmanövern bereits am Samstag veranstalteten wir am Abend ein Teammeeting mit dem gesamten Black Star Sailing Team. Es waren also auch die Leute vom Shoreteam anwesend, die uns an den Booten, allen Arbeiten drumherum und der Organisation von Essen, Getränken, Material etc. unterstützen. Der Beitrag des Shorteams ist für den Erfolg essenziell, auch wenn dieser «nur» indirekt mit dem Segeln zusammenhängt. Umso wichtiger war deshalb die Anwesenheit des vollständigen Black Star Sailing Teams, denn wir hatten Grosses vor: Gemeinsam wollten wir unsere Ziele und Vorstellungen für die Weltmeisterschaft definieren und verinnerlichen. Mit «One Team one Dream» initiierten wir ein Motto, das wir aus unserem Get-together erfolgreich in die bevorstehenden Trainingstage und auch in die Weltmeisterschaft hineintragen wollten.

Kein Training, keine Chance?

Die Windverhältnisse zum Wochenbeginn waren atypisch für Lagos. Ungewöhnlich heisse Temperaturen verhinderten, dass die Seabreeze wie üblich gleich am Morgen einsetzte, und statt dieser nur leichte Winde aus unterschiedlichen Richtungen wehten. Mit dem verspäteten Aufkommen des Windes vom Meer her kam es auch zu enorm hohem Wellengang. Teilweise bis vier Meter hoch verunmöglichte dieser eine Ausfahrt mit dem Katamaran. Schon der Versuch mit dem Schlauchboot war eindrücklich, musste man konzentriert und gerade steuern, um nicht von einer Welle seitlich erfasst zu werden und zu kentern.

So liessen sich auch die geplanten Trainingseinheiten nicht wie geplant umsetzen. Stattdessen erkundeten wir mit unserem Zodiac die Küste, gingen in den Wogen schwimmen oder versuchten uns mit dem Surfboard.

Weckruf zum Siegeswillen

Pünktlich zum Beginn der eigentlichen Weltmeisterschaft beruhigte sich dann das Meer, und wir starteten trotz Trainings-Ausfall gut und vor allem recht konstant in den ersten Tag.

Am zweiten Tag knüpften wir mit einem dritten Platz zunächst an unsere gute Performance vom Vortag an, bevor wir mit einem achten Platz plötzlich wieder einen Rückschlag einstecken mussten. Irgendwie konnte man den Frust an Bord richtig spüren. Selbst unser Coach vermied es, das verpatzte Rennen zu analysieren, was kein gutes Zeichen war. Denn er und alle an Bord wussten, dass wir es definitiv besser können. Lediglich mit einem aufmunternden und vielleicht auch ein wenig höhnischen «come on Boys» legte der Coach mit dem Schlauchboot wieder ab, und wir machten uns zum Start für eine weitere Wettfahrt.

Wie wenn dieser Tiefpunkt ein finaler Weckruf gewesen war, gewannen wir die letzten beiden Wettfahrten am Freitag. Und konnten uns vom dritten auf den zweiten Platz hinter dem französischen Team und vor Alinghi klassieren.

Mit konstanten Leistungen am dritten Tag festigten wir den zweiten Platz und verkürzten die Punktezahl zum führenden Team vor dem grossen Finale am Sonntag.

Nach einem vielversprechenden ersten Tag mussten wir zunächst mal etwas unsanft an unseren Siegeswillen erinnert werden, um unsere Chance auf den Titel wirklich wahrzunehmen.
Nach einem vielversprechenden ersten Tag mussten wir zunächst mal etwas unsanft an unseren Siegeswillen erinnert werden, um unsere Chance auf den Titel wirklich wahrzunehmen.

Weltmeister!

An einer GC32 Regatta werden pro Tag maximal fünf Rennen gesegelt. Je nach Rang werden pro Rennen Punkte vergeben. Bei einem Lineup von zehn Booten schlagen diese fünf Rennen jeweils mit 50 Punkten zu Buche, sofern man bei allen verliert. Es gewinnt also das Team, das ganz am Schluss am wenigsten Punkte vorweisen kann.

Der vierte und finale Renntag war Spannung pur. Hoch motiviert und fokussiert starteten wir gleich mit einem zweiten Platz in der ersten Wettfahrt. Da das führende Team aus Frankreich einen sechsten Platz einfuhr, konnten wir unseren Punkte-Rückstand abermals verringern.

In der zweiten Wettfahrt gewannen die Franzosen vor uns. Sie waren also noch nicht geschlagen. Aber auch für uns lag noch alles drin.

Das hart umkämpfte dritte Rennen konnten wir mit einem ersten Platz wieder für uns entscheiden, während die Franzosen dieses auf dem siebten Rang beendete. Es war kurz vor dem Ende der Weltmeister, und das Black Star Sailing Team war in Führung!

Es lagen noch zwei Wettfahrten vor uns und noch immer war alles möglich.

In einem Interview am Vorabend wurden wir auch zu unserer Taktik befragt. Wir bekräftigten, dass wir uns auf uns konzentrieren und nicht auf andere Teams schauen. Im Segelsport hat es Tradition, dass man auch im Feld immer gegen den direkten Konkurrenten segelt und ihn «deckt». Dabei geschieht es nicht selten, dass genau davon ein anderes Team profitiert und als «lachender Dritter» mit noch besseren Resultaten vorbeizieht.

Auf uns fokussiert starteten wir also auch ins nächste Race. Der Wind hatte inzwischen nachgelassen und wir versuchten, möglichst die Kurse zu wählen, wo noch starke Winde zu erwarten waren. Die Anspannung im Team war enorm und dennoch waren wir an Bord ruhig und konzentriert. Die Führungspositionen wechselten mehrfach. Ganz knapp gewannen wir dieses Rennen – und dann warteten wir auf den Zieldurchlauf der Franzosen. Als klar war, dass sie als neunte die Ziellinie passierten hatten und eine kurze Kalkulation den Vorsprung von 11 Punkten ergab, war uns bewusst, was wir erreichten hatten. Das Eintreffen der Medienboote, die Gratulation der anderen Teams bestätigten dann definitiv: WIR SIND WELTMEISTER!

Inzwischen sind ein paar Wochen vergangen. Vielleicht liegt es daran, dass in der Schweiz der Regattasport kaum im Fokus der Medien ist, vielleicht auch daran, dass unsere kleine Nation reichlich mit Weltmeistertiteln beehrt wird, doch ausserhalb der Segelwelt fand unser Erfolg nicht allzu viel Beachtung. Doch das ändert nichts daran, dass das Black Star Sailing Team sich in einer der schnellsten Regatta-Bootsklassen durchsetzen und sich damit einen besonderen Platz im Universum des Segelsports sichern konnte.

Irgendwie können wir es immer noch nicht richtig fassen, aber das kommt dann irgendwann noch.

Wir sind unendlich dankbar. Für den Titel, das Erreichte und damit für den reichlichen Support und die anhaltende Unterstützung von allen, die an uns glauben.

Aktuell geniessen wir den ausklingenden Sommer. Doch auch in dieser wettkampffreien Zeit geht die Planung unvermindert weiter. Die neue RC44 Yacht ist in der Fertigstellung und es muss geplant werden, wann wir das erste Mal damit segeln. Ebenfalls wird der Container fertiggestellt und gepackt, damit alles nach Slowenien an die Weltmeisterschaft der RC44 Klasse im Oktober transportiert werden kann. Mit dem GC32 Katamaran geht es auch im Oktober weiter. Leider musste der Event in Sardinien abgesagt werden, was uns etwas Luft verschafft.

Es bleibt spannend. Stay tuned.

 

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